Was war das „ZMK“?

Das Zentrale Musikkorps der FDJ und der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ - so der offizielle Name – hatte seine Gründung im Jahre 1969, anläßlich des 20. Jahrestages der DDR.

Es war ein Zusammenschluß von ca. 30 Klangkörpern (die Mitgliederzahl schwankte geringfügig) aus der gesamten DDR, aufgegliedert in die drei Fachbereiche Blasorchester, Fanfarenorchester und Spielmannszüge.

Ursprünglich als einmalige Erscheinung zum „Treffen Junger Sozialisten“ konzipiert, erkannte man bei verantwortlicher Stelle recht schnell den hohen musikalischen und auch optischen Wert, und man sah vor allem den Willen der damals Beteiligten zu einem Mehr und Weiter.

Eine neue Bewegung formierte sich: unter dem Dach der FDJ ließen sich nun frohes Jugendleben und Hobby vereinen und wir lebten unsere Passion: Musik, Musik, Musik!

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß jedes einzelne Orchestermitglied in diesem Verband eine kostenlose musikalische Ausbildung von Musikpädagogen bekommen konnte. Ein bestimmtes Mindestniveau war schließlich erforderlich, um im ZMK musikalisch bestehen zu können. Dieses Niveau wurde in regelmäßig stattfindenden Leistungsvergleichen, den Einstufungen, kontrolliert. Die besten Musiker einzelner Orchester hatten dann die Möglichkeit, im Auswahlorchester (AWO) zu spielen, welches zu internationalen Gastspielen die Weltmetropolen bereiste.

Beispiele hierfür sind Auftritte in Kuba, Japan, Korea, der ehemaligen UdSSR usw.

Vom ersten Tage an verantwortlich für Musik und Choreografie der weit über 2500 jungen Musiker zeichnete der Komponist der ZMK-Erkennungsmelodie „Marsch der jungen Schrittmacher“ und „Vater des ZMK“, Hans Helmut Hunger. Zum damaligen Zeitpunkt Musikdirektor und heute Generalmusikdirektor im Ruhestand, gelang es ihm in einzigartiger Weise, mittels Taktstock und seiner liebenswürdigen natürlichen Art, aus dem wuselnden Haufen aufgeregter junger Menschen ein klingendes Gesamtwerk zu formen.

Zusammengerufen wurde das ZMK zu den jährlichen Großveranstaltungen, stellvertretend seine hier genannt: die X. Weltfestspiele, Turn- und Sportfeste, Nationale Jugendfestivals, Pioniertreffen und Parteitage. Dazu fuhren jeweils Konvois von über 40 Bussen mit Polizei-Eskorte durchs Land.

Wir tragen in unseren Erinnerungen unvergessene Momente: das Gänsehautgefühl beim Einmarsch in den Kessel des Leipziger Zentralstadions mit 110.000 Zuschauern und deren Begeisterungs-stürme während unserer Musikschau; der Zauber der Feuerwerksmusik von G.F. Händel im Zusammenspiel mit Höhenfeuerwerk und viele mehr.

ZMK – das steht nicht für irgendeinen dahingesagten Begriff. Es ist viel bedeutsamer, es ist ein Lebensgefühl. Das heißt, sich jährlich mehrmals mit Gleichgesinnten an verschiedenen Orten der Republik zu treffen, wie in einer großen Familie die gegebene Zeit zu verbringen und sich dem gemeinsamen Hobby, der Musik, hinzugeben.

Unvergeßlich wohl für einen jeden der der jungen Musiker, wenn der Moment gekommen war, um vom Nachwuchs- in das Große Orchester aufzusteigen und das neue Instrument in eigenen Händen zu halten. Mir ist dieser Moment noch heute in Erinnerung: als 14jähriger das sinnlichste aller Blechblasinstrumente – die Tuba – mit ihrem warmen vibrierenden Blech am Körper zu halten, ja – von da an war ich der Musik verfallen.

Im Rahmen der „Familie ZMK“ gab es alles zu erleben: Aus Bekanntschaften wuchsen Freundschaften, und aus mancher Freundschaft wurde die erste große Liebe oder die ganz große Liebe und für Einige blieb sie es bis heute.

Unsere Musik hat uns zueinander gebracht und uns nachklingend begleitet auf dem Nachhauseweg. Sentimentale Melodien halfen, unsere Sehnsüchte zu formulieren und ihre Nichterfüllung hinzunehmen. Sie halfen uns auch, uns einzurichten in unserer kleinen Welt.

Im Herbst 1989 der große Wandel. Die Zeit begann sich irrsinnig schnell um ihre eigene Achse zu drehen und alles wurde anders. Es war vorbei!

Andere Zeiten, andere Sorgen. „Wir geben nicht auf – das ZMK lebt!“ Ein letzter verzweifelter Versuch, das ZMK am Leben zu erhalten und durch die Neue Zeit zu steuern, schlug nach einer Demonstration vor der FDJ-Zentrale Unter den Linden in Berlin im kalten Frühjahr 1990 fehl.

Wie so vieles in dieser Zeit brach alles auseinander, wir verloren uns aus den Augen - jedoch nie aus dem Sinn – und es sollten neun lange Jahre ins Land gehen, bis es zu einem ersten organisierten Wiedersehen kam.

Angekommen im Heute finden nunmehr seit 1998 im zweijährigen Rhythmus „Revival-Treffen“ mit etwa jeweils 700 Teilnehmern am Werbellinsee, unserer alten Probenstätte, statt.

Wir spielen die alten Lieder mit den daran geknüpften Erinnerungen an früher und mit den neu gewonnenen Erfahrungen von heute. Wir denken dabei an die Hoffnungen und Erwartungen der eigenen Jugend, die wir verloren haben, wie jede Generation sie irgendwann verliert.

Und wenn ich einst im Schaukelstuhl mein Pfeifchen schmauche und meinen Enkeln einen Schwank aus der alten Zeit erzählen soll, dann werde ich ihnen unsere Musik vorspielen und sagen: Kinder, genießt eure Jugend; nehmt sie intensiv mit allen Sinnen auf, sie ist eure schönste Zeit.

Das ZMK war meine Jugend.

Dirk Herfurth, Wernigerode im November 2004